BRG Keplerstraße, Graz
Die Frage nach dem Ursprung des Lebens beschäftigt die Menschheit schon seit Generationen. Zahlreiche ForscherInnen haben in den letzten Jahrzehnten ihre Theorien vorgelegt. Doch keine konnte bis jetzt bewiesen werden.
Im Jahre 1951 besuchte der junge Forscher Stanley Miller einen Vortrag des Chemienobelpreisträgers Harold Clayton Urey, der seine Theorien zur frühen Zusammensetzung der Erdatmosphäre vorstellte. Dabei schlug er seinen Zuhörern vor, ein Experiment durchzuführen, welches beweisen sollte, dass in einer sehr einfachen Ur-Atmosphäre Leben entstehen könnte.
Gehört, gemacht
Miller griff diesen Vorschlag auf und startete das Experiment, bei dem er einen Glaskolben mit Wasser füllte und dieses erhitzte, sodass der aufsteigende Wasserdampf sich in einem weiteren Glaskolben mit verschiedenen Gasen (Methan [CH4], Ammoniak [NH3], Wasserstoff [H2], Sauerstoff [H2O], Kohlenmonoxid [CO]) vermischte und so die Ur-Atmosphäre simulierte (Abb. 1). Diesen Versuchsaufbau stellte er in einen abgedichteten Druckbehälter, um zu verhindern, dass „seine Ur-Erde“ mit heutigen organischen Verbindungen kontaminiert wird. Um die Energie für chemische Reaktionen bereitzustellen, wurden die Gase elektrischen Entladungen ausgesetzt.
Organische Verbindungen aus künstlicher Uratmosphäre?
Tatsächlich bildeten sich in den Kolben organische Verbindungen wie einfache Aminosäuren oder auch Formaldehyd und Cyanwasserstoff. Damit hatte Miller bewiesen, dass sich die zur Entwicklung von Leben unentbehrlichen Stoffe auch unter vermeintlich lebensfeindlichen Bedingungen bilden können.
Miller veröffentlichte die Ergebnisse seines Versuchs in der renommierten
Wissenschaftszeitschrift «Science» [1], was ihm viel Aufmerksamkeit, aber auch einige Skepsis einbrachte. Deswegen wurde der Versuch von anderen
WissenschaftlerInnen wiederholt, die alle zu vergleichbaren Ergebnissen kamen[2].
Viele Kritiker bemängelten hingegen, dass die Konzentration der „Ursuppe“
im Miller-Urey-Experiment deutlich zu hoch sei. Bei geringeren Konzentrationen könnten sich die Aminosäuren allerdings nicht in ausreichender Menge bilden und würden zu verdünnt vorliegen als dass sich weitere komplexere Moleküle bilden könnten [2].
Leben aus dem All?
Eine weitere Theorie zur Entwicklung irdischen Lebens besagt, dass gefrorene, für Leben notwendige Moleküle aus dem All auf die Erde gelangt sind. Die rasante Entwicklung des Lebens auf der Erde spricht für diese Theorie. Auf Kometen und Asteroiden wurden organische Verbindungen gefunden, was sicher auch schon zur der Zeit so war, als Leben auf der Erde entstand [3].
Bei einem Erdalter von zirka 4,55 Milliarden Jahren ist das Leben schon sehr früh entstanden. Man könnte daher vermuten, dass außerirdische Aminosäuren und andere notwendige Moleküle aus dem All auf die Erde gelangten und damit die Entwicklung von Leben ermöglicht oder diese zumindest massiv vorangetrieben haben [4]. Lord Kelvin meinte schon 1894, „die Grundlagen für das Leben […] könnten durch den Einschlag von Felsen, die von anderen Planeten stammen, gekommen sein“, und McKay fand 1996 auf einem vermutlich vom Mars stammenden Meteoriten Fossilien, die laut der Theorie des Forschers von Bakterien stammen [5].
Tatsächlich kam es in der frühen Erdgeschichte immer wieder zum Austausch von Meteoriten (Abb. 2) zwischen Erde, Mond und Mars. Jährlich verlassen zirka 15 Gesteinsbrocken mit einem Meter Durchmesser unser Sonnensystem [6]. Leben auf einem dieser Brocken müsste die Strapazen der Reise durch das All überleben und anschließend auf einen erdähnlichen Planeten auftreffen.
Ein Zersplittern beim Auftreffen würde das mitgebrachte Leben nicht auslöschen, sondern sogar zu dessen Verteilung beitragen, da Staub deutlich mobiler ist als ein großer Gesteinsbrocken.
In der Tiefsee hielt man Leben lange Zeit für unwahrscheinlich
Eine weitere Theorie zur Entstehung des Lebens geht davon aus, dass das Leben in der Tiefsee in der Umgebung heißer Quellen entstanden sein könnte. Die Möglichkeit, dass in der Tiefsee überhaupt Leben existiert, hielt man bis ins 19. Jahrhundert für komplett unwahrscheinlich, gar ausgeschlossen. Thompson führte jedoch 1878 eine Expedition durch, die eine unglaubliche Artenvielfalt in der Tiefsee zeigte. In weiteren Studien wurden immer wieder Arten an bis dato als lebensfeindlich geltenden Orten gefunden. Großer Druck oder Temperaturen von über 100° Celsius könnten also sogar notwendig für die Entstehung von Leben (gewesen) sein [4].
Da Leben sogar an lebensfeindlichen Orten entstehen kann, halten wir alle genannten Theorien für möglich. Weitere Forschungen in diese Richtung
sind jedoch notwendig, um diese grundlegende Frage zu beantworten. Die Erde ist jedenfalls ein außergewöhnlicher, vielleicht sogar einzigartiger Planet, der die nötigen Voraussetzungen zur Entwicklung oder Entstehung von Leben erfüllt. Das Leben ist sicherlich auch dieser Außergewöhnlichkeit zu verdanken.
Quellen
[1] Miller, S. L. (1953). A Production of Amino Acids Under Possible Primitive Earth Conditions. Science; 117: 528-529.
[2] Podbregar, N. (2014). Aus für die Ursuppe? Rätsel um die Entstehung des Lebens. In: Im Fokus: Paläonthologie. Berlin: Springer, 1-17.
[3] Bemstein, M.P., Sandford, S.A & Allamandola, L.J. (1999). Molecules from Space and the Origin of Life. NASA-Ames Research Center.
[4] Hazen, R. M. et al. (2002). High pressure and the origin of life. Journal of Physics: Condensed Matter; 14: 1148–1149.
[4] Napier, W.M. (2004). A mechanism for interstellar panspermia. Monthly Notices of the Royal Astronomical Society; 348: 46-51.
[5] McKay, D. S. et al. (1996). Search for Past Life on Mars: Possible Relic Biogenic Activity in Martian Meteorite ALH84001. Science; 273: 924-930.
[6] Melosh, H. J. (2003). Exchange of meteorites (and life?) between stellar systems. Astrobiology; 3: 207-215.
Abbildung 1:
Von Miller-Urey-Experiment.png: Xerxes2k 13:18, 15 October 2005 (UTC)derivative work: Gerbil (talk) — Miller-Urey-Experiment.png, CC BY 2.5, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=16976210 [25.3.2019]
Abbildung 2:
Von ESO/M. Kornmesser — http://www.eso.org/public/images/eso1737e/, CC-BY 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?
curid=64361447 [25.3.2019]