BRG Keplerstraße, Graz
„Gut ein Viertel unseres Lebens verbringen wir im Traum“ [1]. Ein durchschnittlicher Erwachsener verbringt täglich acht Stunden schlafend, davon wiederum 6 Stunden träumend. Dies kann jedoch bei jedem Menschen individuell variieren. Bisher ist ungeklärt, warum wir überhaupt träumen und welche biologische Funktion das Träumen erfüllt. NeurowissenschaftlerInnen und PsychologInnen versuchen herauszufinden, wie man das Phänomen „Traum“
begründen kann.
Früher sahen Ägypter, Babylonier und Griechen den Traum als Botschaft von Göttern, die Heilungsprozesse vorantreiben sollte. Aristoteles war einer der Ersten, von dem man weiß, dass er sich damit beschäftigt hat. Seine Theorie besagt, dass Träumen der Fähigkeit der Sinneswahrnehmung entspricht. Hippocrates sah dies aus einer anderen Perspektive: Er war der Auffassung, dass der Traum der Spiegel unserer Seele ist [2].
„Träumen gehört zum Schlaf wie das Denken und Fühlen zum Wachzustand. Warum wir träumen, zählt zu den vielen ungelösten Rätseln
der Menschheit“ [3]. Da dieses subjektive Erleben nicht greifbar ist, versuchten Psychologen wie Sigmund Freud oder Psychiater wie Jacob Levy
Moreno und Carl Gustav Jung theoretische Hintergründe des Träumens herauszufinden.
Ansichten von Psychoanalyse und Psychiatrie …
Die bekannteste psychologische Theorie des Traums stammt von Sigmund Freud (1856–1939) (Abb. 1). Der österreichische Neurologe und Begründer der Psychoanalyse sah das Phänomen „Traum“ als ein Mittel des Unterbewussten an, um unterdrückte oder nicht ausgelebte Libido
deutlich zu machen. Der Begriff „Libido“ stammt aus der Psychoanalyse und bezeichnet Begehren und Begierde, welche vor allem mit sexuellen
Trieben in Verbindung gebracht werden [4].
Im Gegensatz zu Freud war der Schweizer Psychiater Carl Gustav Jung (1875–1961) der Auffassung, dass Träume meist nur nächtliche Aufarbeitungen von Alltagsproblemen sind. Von psychologischer Bedeutung waren für ihn nur regelmäßig wiederkehrende Träume, weil
er hinter diesen seelische Probleme vermutete. Darüber hinaus sah er Träume als „symbolische Ausdrucksform der spontanen Selbstdarstellung
des Unterbewusstseins“, bei der Gedanken, Gefühle, Wahrnehmungen und Erinnerungen relevant sind [4].
Jacob Levy Moreno (1959–1993) differenzierte latenten und manifesten Trauminhalt. Er ging davon aus, dass der Traum eine versteckte Botschaft enthält. Laut Freud lässt sich der latente Trauminhalt so definieren, dass er meist den „verborgenen“ Sinn des Traumes darstellt, während man sich beim manifesten Trauminhalt noch nach dem Erwachen an das Geträumte
erinnern kann [4].
… und der Neurologie
Auch NeurowissenschaftlerInnen versuchen seit Jahrzehnten der Gedankenwelt des Träumens auf den Grund zu gehen. Sie nehmen im Gegensatz zu PsychoanalytikerInnen nicht persönliche Erfahrungen als Grundlage für ihre Theorien, sondern stützen sich stark auf empirische Forschung. Um systematisch forschen zu können, erfolgen diese Untersuchungen in Schlaflabors unter kontrollierten Bedingungen [4]. Diese
Experimente zeigen, dass Träume mit bestimmten Schlafphasen zusammenhängen, die sich anhand von unterschiedlichen Hirnströmen messen lassen [4].
Es gibt verschiedene Schlafphasen
Der Prozess des Einschlafens beginnt mit dem Übergang der konzentrierten Wachheit in den Alpha-Zustand. Alpha-Wellen sind besonders essentiell, um Informationen aus dem Unterbewusstsein in das Wachbewusstsein zu
transportieren.
Nach einigen Minuten werden die Alpha-Wellen flacher und es entstehen kleine Thetawellen. Ab diesem Zeitpunkt beginnt die zweite Schlafphase, ein leichter Schlaf, bei dem man sich bewusst ist zu träumen. Diese Träume sind meist nur kurz und werden als gedankenähnliche Episoden bezeichnet. Träume in dieser Phase sind also zugänglich und beim Aufwecken weiß die Person, dass sie geschlafen hat bzw. auch geträumt hat. Diese Schlafphase wird REM-Phase (engl. Rapid Eye Movement) genannt (Abb. 2).
Nach zehn bis fünfzehn Minuten wechselt das Gehirn von der zweiten Schlafphase in den Tiefschlaf. In dieser sind die Muskeln komplett entspannt, Herzschläge und Atmung sind monoton. Zudem werden die Thetawellen von den Deltawellen im Gehirn verdrängt. Im Tiefschlaf wird das Bewusstsein abgeschaltet, deswegen träumen wir in ihr seltener [4].
Haben Träume eine Bedeutung?
Laut Allan Hobson, ehemaliger Professor an der Harvard University, würden Träume keinerlei inhaltliche, sinnvolle Bedeutung haben, sondern
lediglich nächtliche Hirnaktivitäten darstellen[1]. Allerdings schwächte
Hobson diese Aussage im Laufe seiner weiteren Forschungen ab. Die nächtlichen Hirnaktivitäten sind für WissenschaftlerInnen der Somnologie (Schlafforschung) besonders interessant, da sie der Beleg für eine mögliche Theorie sein könnten. Diese Theorie besagt, dass das Gehirn alte Information und neue Information auf emotionaler Ebene miteinander verbindet, verarbeitet und diese auch abspeichert.
Eine andere Theorie geht davon aus, dass man sich in Träumen auf zukünftige Situationen vorbereitet, indem man praktische Fähigkeiten trainiert [3].
Abschließend ist festzuhalten, dass sich das Phänomen „Traum“ weder psychologisch noch neurowissenschaftlich eindeutig
erklären lässt. Man kann jedoch annehmen, dass Sigmund Freud Recht damit hatte, dass Träumen mit dem Erlebten im Alltag jedes einzelnen Menschen in Verbindung stehen muss und er damit eine Grundlage
für weitere Theorien im psychologischen Bereich geschaffen hat [3].
Quellen
[1] Arnulf, I. (2016). Warum träumen wir? Spektrum der Wissenschaft; 6.16: 20-29.
[2] Fürst, J. (2013). Der Stoff aus dem die Träume sind – Der Traum im Psychodrama und in der Neurowissenschaft. Zeitschrift für Psychodrama und Soziometrie; 1: 47-58.
[3] Schredl, M. (2012). Warum träumen wir? https://www.dasgehirn.info/aktuell/frage-an-dasgehirn/warum-traeumen-wir [31.08.2018]
[4] Podbregar, N./Lohmann D., (2012). Im Fokus: Neurowissen. Träumen, Denken, Fühlen – Rätsel Gehirn. Berlin: Springer.
[5] Penzel, T, et al. (2005). Schlafstörungen. In: Robert Koch-Institut (Hrsg.), Gesundheitsberichterstattung des Bundes. Heft 27.
Abbildung 1: https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/e/e9/
Sigmund_Freud_1926.jpg [25.3.2019]
Abbildung 2: http://www.gbe-bund.de/gbe10/ergebnisse.prc_fid_anzeige?p_fid=9607&p_fund_typ=GRA&p_sprachkz=
D&p_uid=gast&p_aid=91622108&p_prot=1[9.4.2019]