BRG Landwied, Linz
Mitte Juni durfte ich auf eine Expeditionsreise auf die
Azoren fahren. Organisiert wurde dies durch Master Mint,
das Forschungsprogramm des deutschen Instituts für
Jugendmanagement (IJM). Während der Expedition sahen wir
verschiedenste Wal- und Delfinarten. Eines der Highlights war
die Sichtung der Blauwale. Doch in diesen zwei Wochen betrieben
wir nicht nur fleißig Wal- und Delfinforschung. Mithilfe
vieler Befragungen versuchten wir, die Kultur und Lebensweise
der Insulaner und ihre Einstellung zum Walfang kennen zu
lernen. Diese zwei Wochen waren ein gewaltiges Abenteuer.
Endlich war es so weit: Am 20. Juni 2016 landeten 22 JungforscherInnen aus Deutschland und Österreich zusammen mit zwei BetreuerInnen auf der Azoreninsel Pico, bereit, alles zu erforschen, was uns vor die Nase kam Abb. 1). Doch zuvor war einiges an Planung nötig gewesen.
Reisevorbereitung
Im Dezember erfuhr ich durch meine Lehrerin Angelika Kragl, dass das Forschungsprogramm Master Mint diverse Forschungsexpeditionen in ganz unterschiedliche Gebiete dieser Welt anbietet. Schnell war klar, dass ich mich für die Azorenreise mit Schwerpunkt Wal- und Delfinforschung bewerben würde, denn Delfine faszinierten mich schon immer – und dies war die Chance, sie richtig kennenzulernen. Als kurz darauf die positive
Rückmeldung kam, gab es nur noch eine Frage: Woher bekomme ich fast 3000 € für diese Reise?
Wie auch bei anderen Forschungsreisen war es Aufgabe der TeilnehmerInnen, so viele Sponsoren wie möglich zu finden, um die Reisekosten stemmen zu können. Dank vieler großzügiger SpenderInnen (Angelika Kragl, Ulrike Wurzinger, Elternverein BRG Landwied, Sterkl, Schörkhuber & Partner ZT GmbH, österreichischer Alpenverein Kirchberg Thening, Land Oberösterreich und BMWFW) hatte ich bald genug Geld
beisammen und konnte fix zusagen. Nachdem auch die letzten Vorbereitungen, wie die Prüfung zum Rettungsschwimmer und ein ärztliches Attest für den Tauchschein, eingetroffen waren, konnte es
endlich losgehen.
Die Reise beginnt
Zuerst ging es zur IJM-Geschäftsstelle nach Heidelberg, wo sich die TeilnehmerInnen erst einmal kennenlernten. Dann bekamen wir Instruktionen. Einer der ersten Sätze war „Forschung geht vor Schlaf“ – das
sollten wir noch oft zu spüren bekommen, denn es gab vielleicht zwei Tage auf dieser Reise, an denen wir vor 1 Uhr in der Früh ins Bett gingen. Auch an diesem ersten Sonntag in Heidelberg wurde es spät. Nach dem informativen Teil begann das Arbeiten. Dazu wurden wir in fünf unterschiedliche Gruppen aufgeteilt: Wale & Delfine, Mensch, Kultur & Sprache, Fauna & Flora, Klima & Vulkanismus, Wirtschaft & Infrastruktur.
Das war das Einzige, das vorgegeben wurde. Alles andere erarbeiteten wir uns selbst. Um möglichst schnell möglichst viele gute Ideen zu bekommen, machten wir zuerst ein Brainstorming in unserer Gruppe und überlegten dann auch noch, ob uns etwas für die anderen einfällt. Damit alle auf dem gleichen Stand waren, wurden die Ergebnisse danach vorgestellt, sortiert und als richtige Aufgabenstellungen aufgeschrieben. An diesem Tag starteten wir mit der Ausformulierung der Zielsetzung, die wir danach gleich vorstellten.
Nach zwei Stunden Schlaf ging es mit dem Bus nach Frankfurt und weiter per Flugzeug nach Lissabon. Dort arbeiteten wir
während des sechsstündigen Aufenthalts weiter in unseren Gruppen, nun wurde die genaue Arbeitsweise der einzelnen Gruppen ausgearbeitet und protokolliert.
Erste Sichtungen
Nach der Ankunft auf der Azoreninsel Pico, kurzer Besichtigung der Zimmer und einem guten Abendessen ging es an diesem Tag noch einmal früh ins Bett. Am Morgen des nächsten Tages regnete es, trotzdem war ich
mit meiner Gruppe noch vor dem Frühstück draußen, um die ersten Pflanzen und Tiere zu fotografieren, die wir am Abend in unserer
Dokumentation beschreiben wollten. Nach dem Frühstück fuhren wir nach Lajes, einem Ort auf der Südseite der Insel, um von dort die erste Ausfahrt auf das Meer zu machen: Drei Stunden lang beobachteten wir Wale und Delfine. Nach einer zweistündigen Mittagspause, während der wir wieder fleißig Pflanzen und Tiere suchten, startete gleich die zweite Ausfahrt. Wir hatten Glück und konnten bereits an unserem ersten Tag jeweils einen Pottwal (Abb. 2) und einen Finnwal beobachten. Außerdem sichteten
wir Rissodelfine (Abb. 3), Gemeine Delfine (Abb. 4), Streifendelfine und Pilotwale, eine weitere Delfinart.
Eindrücke der Sichtungen
Obwohl wir jeden Tag viele verschiedene Wal- und Delfinarten sahen, war doch jede Sichtung etwas Besonderes und Einzigartiges. Da gab es Delfinschulen mit fünfzig und mehr Tieren zu sehen, die neben uns ruhig schwammen oder auf der Oberfläche ruhten. Pottwale, die neugierig
bis auf einige Meter an unser Boot kamen, um dann nach langem Beobachten und Nebenherschwimmen in die Tiefe zu entschwinden. Eine große Gruppe von gemeinen Delfinen, die mit ihren Jungtieren um und unter unserem Boot schwammen und neugierig zur Kamera kamen. Außerdem sahen wir einen Rissodelfin, der trotz nicht vorhandener Rückenflosse – man sah nur mehr die Narben – gelernt hatte, zurecht zu kommen. Ein unbeschreibliches Erlebnis waren auch die drei Seiwale, die sich durch uns nicht stören ließen. Die Schnabelwale beeindruckten uns ebenfalls sehr (Abb. 5). Einmal warteten wir fast eine Stunde auf ein weiteres Erscheinen dieser interessanten Tiere. Außerdem machten wir Unterwasseraufnahmen von True – Zweizahnschnabelwalen. Diese Aufnahmen sind womöglich die ersten mit Jungtier.
Arbeitsweisen auf dem Boot
Während der Sichtungen dokumentierte die jeweilige Wal- & Delfin-Gruppe alle möglichen Daten. Wenn es möglich war, maßen wir die Geschwindigkeit der Tiere, indem wir neben den Tieren mit gleichem Tempo fuhren und die Geschwindigkeit am GPS-Gerät ablasen. Ebenfalls
wurde mit diesem Gerät der Standort bestimmt. Des Weiteren wurden Artname, Aussehen, Gruppengröße, besondere Merkmale und Atemfrequenzen notiert. Die Artnamen wussten wir entweder schon vorher oder wir bekamen Hilfe von unserem Delfin- und Walexperten Roland Edler. Für die Atemfrequenz maßen wir mithilfe einer Stoppuhr die Zeit, die die Tiere unter Wasser blieben. Mit diesen Daten konnten wir unter anderem feststellen, dass vor allem die Wale ein paar Mal hintereinander kurz untertauchen, um dann einen längeren Tieftauchgang zu starten.
Arbeit nach den Ausfahrten
Nach den Ausfahrten ging es nach Hause und nach einer kurzen Duschpause zum Abendessen. Danach fing die meiste Arbeit an, denn jetzt galt es, die Forschungsergebnisse auszuwerten und zu dokumentieren. Außerdem stellten wir noch eine PowerPoint Präsentation über unsere Ergebnisse des Tages zusammen. Nach der Präsentation wurden die Gruppen für den nächsten Tag eingeteilt. Bis wir ins Bett kamen, war es meist halb eins. Um halb acht begann dann der nächste Forschungstag.
Arbeitsweise und Ergebnisse
In den nächsten Tagen ging vieles einfacher und schneller, weil wir die Arbeitsabläufe schon kannten. Innerhalb der anderen drei Gruppen (Mensch, Kultur & Sprache; Klima & Vulkanismus; Wirtschaft & Infrastruktur) mussten wir vor allem Befragungen zu den verschiedenen Themen durchführen. Doch es war gar nicht so leicht, genügend Leute zu finden, die Englisch sprachen, Zeit hatten und bereit waren zu antworten. Dennoch bekamen wir sehr interessante Antworten. So sagte zum Beispiel ein Einwohner Picos zu der Frage, was er von dem Verbot des Walfangs halte: „Früher war der Walfang fair, denn mit den kleinen Booten und nur mit Speeren bewaffnet war es eine 50/50 Chance, ob der Mensch oder der Wal gewinnt, doch jetzt mit den großen Waffen ist es nicht mehr fair.“ Die meisten der Befragten sprachen sich gegen den Walfang aus.
Die Gruppe Klima & Vulkanismus war nicht nur für Befragungen zuständig, sondern musste außerdem Informationen über den Vulkan Pico (Abb. 6) herausfinden. Außerdem maß diese Gruppe mit einem speziellen Gerät die Wassertemperatur, den pH–Wert und den Salzgehalt des Meerwassers. Mit
diesen Messergebnissen und Vergleichen mit den Ergebnissen von 2015 fanden wir heraus, dass der pH–Wert von 8 auf 8,4 gestiegen ist. Dies steht im Gegensatz zur allgemeinen Veränderung. Global gesehen werden die Meere immer weniger basisch (der pH-Wert nähert sich immer mehr dem Wert 7 an). Dies hat erhebliche Folgen auf die Umwelt, so leiden zum Beispiel die Korallen sehr unter den veränderten Bedingungen.
Das Highlight – der Blauwal
Der Blauwal, das größte Säugetier der Welt, war ein fantastischer Anblick. Zwei Mal hatten wir das Glück, Blauwale zu sehen, und beide Male war es genial. Plötzlich wurde es ganz leise im Boot; jeder war fasziniert von diesen riesigen Tieren. Nur durch die Durchsage der Atemzeiten wurde die Stille durchbrochen. Das erste Mal, als wir Blauwale sahen, waren sie ungefähr 100 m entfernt. Es war eine etwa 30 m große Kuh, was selbst für einen Blauwal sehr groß ist, mit ihrem Kalb. Ohne sich einschüchtern zu lassen, schwammen sie ruhig vor uns her, immer wieder auf- und abtauchend. Das zweite Mal begegneten uns ein Blauwalweibchen, 26 m, und ein Bulle, 22 m groß. Diesmal waren sie ca. acht Meter vom Boot entfernt (Abb. 7). Uninteressiert schwammen sie vor dem Boot, tauchten lang unter, um dann plötzlich zehn Meter weiter vorne wiederaufzutauchen. Zweimal hob ein Tier plötzlich eine der Seitenflossen
hoch, um sie dann mit einem lauten Klatscher wieder ins Wasser fallen zu lassen. Wir verbrachten über eine Stunde bei diesen zwei Tieren.
Delfinschwimmen
Der zweite Höhepunkt war eindeutig das Schwimmen mit den Delfinen. Dabei muss man Glück haben, denn die Delfine kommen normalerweise nicht zum Menschen, sondern schwimmen eher weg. Trotzdem sah ich bei einem solchen Schwimmausflug, wie auf einmal sieben Meter vor mir drei
Rissodelfine durchs Wasser glitten. Ein wunderschöner Augenblick (Abb. 8). Doch wir schwammen nicht nur mit Delfinen: Zwei Teilnehmer hatten das Glück, dem zwei Meter hohen Mondfisch zu begegnen.
Der wissenschaftliche Aspekt unserer Reise
Das IJM bietet solche Expeditionen an, um Jugendlichen die Welt des Forschens näher zu bringen. Das Motto lautet: „Wissen ist Zukunft, die Spaß macht“. Diese Reisen haben aber auch einen wissenschaftlichen Hintergrund. So wurden auf einer Azorenreise vor ein paar Jahren die ersten Unterwasseraufnahmen von True-Zweizahnschnabelwalen gemacht.
Sollten wir Glück gehabt haben, sind uns das erste Mal Kälber dieser Art vor die Linse geschwommen. Dies wird noch in einem schottischen Institut überprüft.
Bedanken möchte ich mich nochmals bei all meinen Förderern, ohne die diese Reise nicht möglich gewesen wäre, dass sie mich unterstützt und gezeigt haben, wie wichtig ihnen Jugendforschung ist. Zudem möchte ich mich bei Direktor Robert Michelic, bei meinen LehrerInnen Angelika Kragl, Ulrike Wurzinger, und Franz Schöppl, und bei der Elternvereinsobfrau Michaela Kritzinger für ihre großartige Unterstützung bedanken.
Artikel als PDF (12 MB)Quellen
Weitere Hinweise zu Master Mint findet Ihr auf:
https://www.master-mint.de/startseite.html