BRG Kepler, Graz
Stephen Hawking sagte einmal: „Zu fragen, was vor dem Urknall war, ist wie zu fragen, was nördlich vom Nordpol liegt [1] ”. Doch die Frage, was vor dem Urknall war, ist gar nicht so unsinnig, wie Hawking behauptete. Das trifft auch auf das Ende des Universums zu.
Der Urknall
Bis in das 20. Jahrhundert war man davon überzeugt, dass das Universum (Abb. 1) unveränderlich ist – dass es schon immer so war, wie es heute ist, und bis in alle Ewigkeit so bleiben würde.
Sogar Albert Einstein modifizierte von ihm selbst aufgestellte Gleichungen, da sie zu dem Ergebnis kamen, dass sich das Universum ausdehnt. Doch eine 1929 vom amerikanischen Physiker Edwin Hubble durchgeführte Messserie änderte diese Ansicht schlagartig: Hubble stellte fest, dass das zu uns kommende Licht von den meisten Galaxien rotverschoben ist.
Das bedeutet, dass sich diese von uns wegbewegen; mehr noch: je weiter sie von uns entfernt sind, desto schneller bewegen sie sich fort, teilweise sogar mit Überlichtgeschwindigkeit [2]. Da sich Materie aber nicht schneller als Licht bewegen kann, kann das nur eines bedeuten: Der Raum zwischen den Galaxien dehnt sich aus.
Das kann man sich ungefähr so vorstellen, wie wenn Insekten über einen Luftballon krabbeln, der gerade aufgeblasen wird: Obwohl sie sich immer mit der gleichen Geschwindigkeit fortbewegen, entfernen sich die Tiere immer schneller voneinander [2].
Die Multiversen-Theorie
Wenn man mit aktuellen Theorien zu dem Zeitpunkt zurück rechnet, an
dem diese Expansion begonnen haben müsste, werden alle physikalischen
Größen wie Temperatur, Dichte etc. unendlich [2]. Es gibt zu diesem Zeitpunkt also unendlich viele Lösungen für bisherige physikalische Gleichungen.
Einige PhysikerInnen meinen, dass jede dieser Lösungen ein real existierendes Universum beschreibt, also dass zu diesem Punkt unendlich viele Universen entstanden sind. Rauner (2008) bezeichnet dies als Multiversen-Theorie [3]. Satz (2016) ist der Ansicht, dass innerhalb eines Universums ständig neue Blasen entstünden, die selbst wiederum zu Universen werden könnten, wenn die Bedingungen in einer dieser Parallelwelten ungleichmäßig wären. Unser Universum könnte also genauso gut eine in einem anderen Universum entstandene Blase sein [1].
Kritik am Multiversum
Dass alle physikalischen Größen zum Zeitpunkt des Urknalls unendlich werden, kann aber auch bedeuten, dass die derzeitigen Theorien nicht gut
genug beschreiben können, was in jenem Moment passiert ist.
Unendlichkeit halten zahlreiche WissenschaftlerInnen für physikalisch sinnlos. Eine Theorie funktioniert ihrer Ansicht nach ab dem Zeitpunkt, an dem sie Unendlichkeit als Wert liefert, schlichtweg nicht mehr.
Ein Beispiel dafür ist die Berechnung der elektrischen Kraft zwischen Elektron und Proton: Je näher sich die Teilchen kommen, desto größer wird die Kraft zwischen ihnen. Bei unmittelbarer Berührung (Abstand Null), würde diese unendlich groß, was mathematisch möglich ist, aber physikalisch nicht sinnvoll ist. Dennoch kennen wir dieses Konstrukt und
bezeichnen es als Wasserstoffatom. Aus den oben genannten Gründen gibt es daher in der Wissenschaft die Kritik, dass die Multiversen-Theorie lediglich eine Fehlinterpretation der Berechnungswerte darstellt [2].
Ende des Universums
Genauso ungeklärt wie die Entstehung des Universums ist die Frage nach seinem Ende. Diese stellte sich aber erst in den späten 1920er Jahren, nachdem die Expansion des Universums endgültig bestätigt worden war[4]. Zu dieser Zeit war die Steady-State-Theorie (Gleichgewichtstheorie) eines der verbreitetsten Modelle. Laut dieser Hypothese gibt es einen masseerzeugenden Mechanismus, der ein sich ausdehnendes und dennoch gleichbleibendes Universum erklären würde.
Nachdem weitere Messwerte nicht zu dieser Theorie passten, kam sie ins Hintertreffen. Seitdem wurden einige unterschiedliche Theorien zum Tod unseres Weltalls entwickelt. Nicht alle beschreiben ein eindeutiges Ende.
Einige stellen ein unendliches Fortbestehen des Universums dar, in dem aber jede Form von Leben undenkbar ist [2]. Drei andere Szenarien hängen von der Menge gravitationserzeugender Materie im Kosmos ab. Der wesentliche Faktor ist die kritische Dichte. Sie kann aus den gemessenen Geschwindigkeiten von Galaxien ermittelt werden und beschreibt jene Dichte, die im Universum vorherrschen müsste, um dessen Ausdehnung
zu stoppen.
Zurzeit ergeben die genauesten Berechnungen sechs Wasserstoffatome pro Kubikmeter als kritische Dichte[5]. Überschreitet die mittlere Dichte des Universums diesen kritischen Wert, wird von einem geschlossenen Universum (siehe Abb. 2 oben) gesprochen. Unterschreitet sie den kritischen Wert, ist in den Theorien von einem offenen Universum (siehe Abb. 2 Mitte) die Rede.
Ein unwahrscheinlicher, aber dennoch möglicher Fall ist, dass die Masse unseres Universums exakt dem kritischen Wert entspricht. Dieser Spezialfall wird flaches Universum (siehe Abb. 2 unten) genannt [4].
Geschlossenes Universum – Ende und Neuanfang
Nach der Theorie des Big-Crunch oder auch Big-Bounce hat das Universum eine endliche Größe. Die vorkommende Masse krümmt nach der allgemeinen Relativitätstheorie den Raum so stark, dass man, wenn man lange und weit genug geradlinig durch das All reisen würde, wieder am Ausgangspunkt ankommen würde.
Diese Krümmung des Raumes kann demnach mit einer zweidimensionalen
Ebene, die einer Kugeloberfläche entspricht, verglichen werden. In solch
einem Universum wäre die Gravitation groß genug, um die Ausdehnung zu drosseln, diese zur Gänze einzustellen und sogar stark genug, um zu einer Kontraktion zu führen. Ein interessanter Aspekt dieser Inversion wäre, dass die derzeitige Rotlichtverschiebung sich umkehren und zu einer Blaulichtverschiebung würde. Das Universum würde sich immer weiter komprimieren, bis ein einziger heißer Klumpen mit unvorstellbar hoher Dichte und Temperatur entsteht. Dieser Zustand wäre jedenfalls das Ende
unseres Universums, aber mit einem neuen Urknall vielleicht der Ausgangspunkt für ein neues [4]?
Offenes Universum – Hitze- oder Kältetod?
Nach der Big-Freeze-Theorie besitzt das offene Universum zu wenig Masse,
um einen Big-Crunch zu verursachen. Demnach wird es sich immer weiter
ausbreiten. Da die Energie nach dem Energieerhaltungssatz konstant ist,
führt dies zu einer stetig sinkenden Energiedichte. Zusätzlich wird der
Kosmos nach dem zweiten Hauptsatz der Thermodynamik sehr nahe dem
Zustand höchster Entropie kommen: Die Bildung neuer Sterne wird unmöglich, Masse und Strahlung verteilen sich gleichmäßig und verhindern so jede Form von Reaktionen.
Selbst Schwarze Löcher werden Masse verlieren und in das Weltall abgeben. Ob es nun zum Erfrieren oder zum Verglühen kommen wird, hängt nur von der Geschwindigkeit ab, mit der sich das Universum ausbreitet, da dies maßgeblich für die Energiedichte und infolgedessen auch für die vorherrschende Temperatur ist [2].
Flaches Universum – Endknall
Das flache Universum wäre tatsächlich flach. Die sichtbare Masse im Weltall ließe diese Form jedoch nicht zu. Dennoch deuten Auswertungen der gemessenen kosmischen Hintergrundstrahlung darauf hin, dass unser Weltall tatsächlich nahezu flach ist. In der „dunklen Materie“ vermuten Wissenschaftler die Lösung zu diesem Widerspruch. Weil dieses Phänomen aber noch kaum erforscht ist, lässt sich auch über das Ende im Rahmen dieser Theorie nur wenig sagen. So sind, je nach Verhalten dieser dunklen Energie, sowohl ein Big-Crunch, ein Ende ähnlich eines offenen Universums[4], oder ein Fortbestehen als statisches Universum mit gleichbleibender Größe möglich[2]. Verstärkt sich die Wirkung der dunklen Energie, wird auch die Ausdehnung des Weltraums deutlich beschleunigt. Nicht nur könnten immer mehr Galaxien unserem beobachtbaren Bereich entschwinden, es könnte sogar die Spiralstruktur unserer Galaxie und die Umlaufbahnen der Planeten gebrochen werden [4]. „Am Ende ließe sie (Anm. die dunkle Energie) auch die elementaren Bestandteile der Materie
explodieren. Ein Albtraum, genannt Endknall [4].“
Auch, wenn die derzeitigen Messwerte für einen Endknall sprechen, darf nicht außer Acht gelassen werden, dass sogar kleinste Abweichungen starke Auswirkungen auf das Ende des Universums haben können. Wie dieses wirklich aussehen wird, bleibt daher noch im Dunklen.
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[1] Satz, H. (2016). Kosmische Dämmerung: Die Welt vor dem Urknall. München: Beck.
[2] Lemmer, B., Bahr, B. & Piccolo, R. (2017). Quirky Quarks. Berlin: Springer.
[3] Rauner, M. (2008). Was war vor dem Urknall? ZEIT ONLINE. https://www.zeit.de/zeit-wissen/2009/01/Titelstrecke-Frage5-Urknall [31.8.2018]
[4] Clark, S. (2010). Die großen Fragen – Universum. Berlin: Springer.
Abbildung 1: https://pixabay.com/de/photos/galaxieweltall-universum-all-11098/ [25.3.2019]
Abbildung 2: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:End_of_universe. jpg#/media/File:End_of_universe.jpg [25.3.2019]