BRG Keplerstraße, Graz
Impfungen, Impfkrankheiten und mögliche psychische Folgen von Impfungen wie Autismus wurden in den letzten Jahren oft in den Medien diskutiert. Obwohl der Nutzen einer Selbst- und Herdenimmunität nicht von der Hand zu weisen ist, werden immer mehr Stimmen laut, die vor Impfschäden warnen.
Als erster öffentlicher Impfskeptiker hat Andrew Wakefield seine (gefälschte) Studie über Autismus als mögliche Folge von Impfungen veröffentlicht. Doch immer mehr WissenschaftlerInnen befassen sich mit dem Widerlegen impfkritischer Positionen. Im folgenden Beitrag wird zunächst erklärt, was unter einer Impfung zu verstehen ist und welche Arten von Impfungen es gibt. Danach werden verschiedene Positionen zum Nutzen von Impfungen dargestellt.
Was ist eine Impfung?
Eine Impfung kann definiert werden als „die Gabe eines Impfstoffes mit dem Ziel, vor einer übertragbaren Krankheit zu schützen[1]”. Dabei unterscheidet man zwischen Lebendimpfstoffen, bei denen abgeschwächte Erreger injiziert werden, und Totimpfstoffen, die abgetötete Erreger oder sogar nur einzelne Bestandteile davon beinhalten (Abb. 1).
In beiden Fällen produziert das Immunsystem Antikörper. Nach Beseitigung des Erregers werden dessen Erkennungsmerkmale in B-Lymphozyten (Erinnerungszellen) gespeichert. Diese Merkmale können jederzeit abgerufen werden, wodurch der Körper immun gegen diesen Krankheitserreger wird [2]. Das Österreichische Bundesministerium für Arbeit, Soziales Gesundheit und Konsumentenschutz veröffentlicht jährlich einen Impf-Plan, in dem empfohlene Impfungen aufgelistet sind (Abb. 2).
Impfungen als Schutz für Andere
Flächendeckende Impfungen sorgen für eine Immunisierung der Bevölkerung. Das wird Herdenimmunität (Abb. 3) genannt und bedeutet, dass ein Großteil der Menschen geimpft und somit immun gegen die durch die Impfung bekämpfte Krankheit ist. Dies hat zufolge, dass Babys oder Menschen mit einem geschwächten Immunsystem, die nicht geimpft werden können, auch geschützt sind. Da sich die Krankheit nicht ausbreiten kann, sind die Immunschwachen vor dem Erreger fast zur Gänze geschützt. Ein gutes Beispiel hierfür ist die bei uns ausgerottete Virenkrankheit Kinderlähmung (Polio) [2].
Erwartete und unerwartete Impfreaktionen
„Bei der Anwendung von Impfstoffen wird eine Immunreaktion des Organismus ausgelöst. Dadurch kann es zu einer vorübergehenden Beeinträchtigung des Gesundheitszustandes kommen [1] ”. Typische und durchaus erwartbare Reaktionen nach der Impfung sind Rötungen, Schwellungen, Schmerzen, Temperaturerhöhungen (bis zu Fieber), Müdigkeit, geschwollene Lymphknoten, etc. Diese Reaktionen verschwinden in der Regel nach kurzer Zeit und sind medizinisch unbedeutend.
Darüber hinaus gehende unerwartete Impfreaktionen wie z.B. anhaltende Fieberkrämpfe nach der Masern-Mumps-Röteln-Impfung (MMR), die auch Impfkomplikationen genannt werden, sind vergleichsweise selten. Deshalb schätzen die meisten MedizinerInnen den Nutzen von Impfungen wesentlich höher ein als das Risiko einer schwerwiegenden Nebenwirkung [2].
Wakefields Studie und deren Folgen
Der Engländer Andrew Wakefield stellte als erster Impfskeptiker die These auf, dass Autismus mit Masern-Mumps-Röteln (kurz MMR) Impfungen in Verbindung stehen könnte. Er veröffentlichte 1998 eine Studie, in der er zwölf Kinder mit regressiven Entwicklungsstörungen untersucht hatte, überwiegend Autisten mit Darmentzündungen. Bei acht der zwölf ProbandInnen legten die Eltern oder die Hausärzte der Kinder dem Forscher nahe, dass die MMR-Impfung im Zusammenhang mit der Verhaltensauffälligkeit der Kinder stehen könnte[3].
Wakefield berichtete weiter, dass er einen Masernvirus in den weißen Blutkörperchen und der Darmflora einiger Patienten gefunden habe.
Dennoch war nicht klar, ob es sich um einen wilden Masernstamm oder um einen Impfstamm handelte. Später stellte sich heraus, dass Wakefield von den Anwälten der Eltern an Autismus erkrankter Kinder über 400 000 Dollar bekommen hatte. Denn diese Anwälte zogen mit Wakefields Studie gegen die Pharma-Konzerne vor Gericht. Da die Ergebnisse der Wakefield-Studie nicht wiederholt werden konnten und die Zahlungen der Eltern öffentlich bekannt wurden, verlor er 2010 seine Lizenz als Arzt. Daraufhin wanderte er in die USA aus, wo es ihm noch immer erlaubt ist, als Arzt zu praktizieren[3].
Um einen möglichen Zusammenhang zwischen der MMR-Impfung und Autismus zu untersuchen, wurde in den darauf folgenden Jahren eine Vielzahl von Studien durchgeführt, wobei keine davon Wakefields Ergebnisse replizieren konnte. Bestes Beispiel dafür ist eine aktuelle, sehr breit angelegte Langzeitstudie von Hviid/Hansen/Frisch/Melbye (2019) im Auftrag des Dänischen Gesundheitsministeriums. Dabei wurden die Impf- und Gesundheitsdaten von 657 461 Kindern, die in den Jahren 1999 bis 2010 in Dänemark geboren wurden, analysiert. Es konnte auch hier kein Zusammenhang zwischen der MMR-Impfung und Autismus nachgewiesen werden [4].
Abschließend lässt sich sagen, dass es immer zu Nebenwirkungen bei Impfungen kommen kann, da der Körper auf die injizierte Substanz reagiert. Aber eine mögliche Verbindung zwischen Impfungen und Autismus, ADS und ADHS oder anderen Erkrankungen erscheint aufgrund der aktuellen Forschungslage sehr unwahrscheinlich.
Vor allem darf nicht der Nutzen einer Impfung aus den Augen verloren werden. Wenn sich z.B. nur einer von hundert Menschen nicht impfen lässt, befindet er sich als Teil der „Herde“ noch immer in der Herdenimmunität und ist somit passiv geschützt. Lässt sich aber kein Mensch mehr impfen, kommt es mit großer Wahrscheinlichkeit wieder zu einer Epidemie einer bereits beinahe ausgerotteten Krankheit.
Ob Impfungen sinnvoll sind oder nicht, kann also mit einer Unfallversicherung verglichen werden. Es kann sein, dass es nie zu einem Unfall kommt und die Unfallversicherung muss nicht greifen. Das heißt, dass immer wieder umsonst eingezahlt wird. Kommt es aber zu so einem Ereignis, ist man immer auf der sicheren Seite, weil man versichert ist.
Quellen
[1] BMGF (2018). Gesetz zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz- IfSG) § 2, Art. 9 http://www.gesetze-im-internet.de/ifsg/__2.html [31.8.2018]
[2] Wiedermann-Schmidt, U./Kollarisch, H./Bachinger, G./Bechter, E./Falb, P./Holzmann, H./Keller-Stanislawski, B./Kundi, M./Mutz, I./Tueck, B./Rendi-Wagner, P./Zenz, W./Ziwauer,K. (2013). Reaktionen und Nebenwirkungen nach Impfungen. http://www.bmgf.gv.at/cms/home/attachments/1/5/5/CH1100/
CMS1386342769315/impfungen-reaktionen_nebenwirkungen.pdf [24.3.2019]
[3] Mutter, J./Naumann, J./Schneider, R./ Walach, H./Haley, B. (2005). Mercury and Autism: Accelerating Evidence? Neuroendocrinology letters; 26: 439-46.
[4] Hviid, A./Hansen, J. V./Frisch, M./Melbye, M. (2019). Measles, Mumps, Rubella Vaccination and Autism: A Nationwide Cohort Study. Ann Intern Med; [Epub ahead of print ] doi: 10.7326/M18-2101 [24.3.2019]
Abbildung 1: https://pixabay.com/de/impfung-arzt-spritze-medizin -1215279/ [25.3.2019]
Abbildung 2: https://www.sozialministerium.at/cms/site/attachments/5/4/7/CH4062/
CMS1546865142466/impfplano_sterreich2019_tabelle.pdf [25.3.2019]
Abbildung 3: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Herd_immunity.svg#/media/
File:Herd_immunity.svg [25.3.2019]