BRG Petersgasse, Graz
Farbstoffe sind Teil unseres Alltags. Wir färben unsere Haut und unsere Haare und tragen Kleidung in verschiedensten Farben. Der Vielfalt sind scheinbar keine Grenzen gesetzt. Doch mögen die Dinge noch so bunt sein wie die Farben in einem Malkasten, oft sind sie weitaus nicht so harmlos.
Was ist die Ursache dafür, dass wir die Welt farbig sehen? Ein Stoff ist dann farbig, wenn er Licht innerhalb des sichtbaren elektromagnetischen Spektrums, also mit Wellenlängen zwischen 400 und 800 nm absorbiert. Die Farbe, in der der Stoff erscheint, ist die Komplementärfarbe von der, deren Spektralbereich der Stoff absorbiert [1]. Denn Licht anderer Wellenlänge wird an der Oberfläche des Stoffes reflektiert und trifft unser Auge. Dort wird es von Fotorezeptoren in der Netzhaut (Stäbchen und Zapfen) in elektrische Reize umgewandelt und an das Gehirn weitergeleitet. Sind diese Wellenlängen kurz, sehen wir Farben in Blau- und Violetttönen, bei langen Wellenlängen nehmen wir rote Nuancen wahr [1].
Verbindungen, die Doppelbindungen mit delokalisierten π-Elektronen enthalten, erscheinen uns farbig. Besonders bei konjugierten C=C-Doppelbindungen ist das der Fall. Das ist auch am Beispiel von Paraphenylendiamin (PPD) und den Komplexen ersichtlich, die daraus entstehen können und zum Färben verwendet werden (Abb. 1) [1].
Gerade diese Chemikalie ist der Grund, warum man sich ein temporäres Tattoo im Urlaub mindestens zweimal überlegen sollte
. Paraphenylendiamin kommt beim Färben von Haaren, Leder und Textilien zum Einsatz und wird in Urlaubsländern gemischt mit Henna direkt auf die Haut aufgetragen. Und das, obwohl man Hautkontakt mit dieser Chemikalie unbedingt vermeiden sollte, denn sie wird nicht nur als giftig, reizend und umweltgefährlich, sondern auch als hoch sensibilisierend (Allergien auslösend) eingestuft [2,3].
TEMPORÄRE TATTOOS, WAS PPD DARIN VERLOREN HAT UND WAS DIE FOLGEN SIND
Temporäre Tattoos, auch Henna-Tattoos oder Temptoos genannt, werden in vielen Urlaubsorten angeboten. Im Unterschied zu „echten“ Tattoos, bei denen der Farbstoff in die Dermis (Lederhaut) gestochen wird, werden Henna-Tattoos nur auf die Haut aufgemalt [4]. Am Strand oder auf der Straße bieten Künstler den Passanten, besonders Kindern und Jugendlichen, solche Bemalungen an (Abb. 2) [5]. Das Angebot ist verlockend, schließlich soll das Tattoo ja schon nach zwei Wochen von selbst wieder verschwunden sein. Auch der Begriff „Henna“, mit dem das Produkt beworben wird, impliziert Harmlosigkeit, denn dieser Naturfarbstoff ist völlig unbedenklich und wurde bereits im antiken Ägypten zum Färben von Haut, Haaren und Nägeln verwendet. Gewonnen wird Henna aus den getrockneten und zerriebenen Blättern des Henna-Strauchs, der in Gebieten um das Mittelmeer wie auch in Indien und Nordaustralien zu finden ist.
Das Missverständnis liegt hier: Das Henna führt zu einer roten bis braunen Färbung. Um das gewünschte Schwarz, eine bessere Definition der Zeichnung zu erzielen und diese wie ein „echtes“ Tattoo aussehen zu lassen, wird dem Henna PPD hinzugefügt. Außerdem dauert das „Tätowieren“ durch den Zusatz von PPD kürzer und das Henna-Tattoo hält für längere Zeit [6,7]. Je mehr PPD für das Temptoo verwendet wird und je länger man es einwirken lässt, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, eine Allergie gegen diese Chemikalie zu entwickeln.
Die ersten Zeichen einer Dermatose (Hauterkrankung) treten innerhalb von vier bis 14 Tagen auf. Das Ekzem (der Ausschlag) begrenzt sich meist auf die bemalten Hautstellen und spiegelt exakt die Form des Tattoos wider (Abb. 3) [5]. Starker Juckreiz und Hautrötungen sind die ersten Symptome. Es bilden sich mit Flüssigkeit gefüllte Bläschen, die dicht beieinander liegen, wodurch ein millimeterhohes Relief entsteht. In manchen Fällen kann es zu Streureaktionen am ganzen Körper kommen. Bei Therapie mit hochdosierten Corticosteroiden (entzündungshemmende Medikamente) verheilt die Hautstelle nach einigen Wochen wieder, es können jedoch Pigmentstörungen und Narben zurückbleiben. Die Einschränkungen in Folge einer Allergie gegen PPD (Berufswahl, Haare färben, Kleidung) bestehen ein Leben lang [2,5,6,8].
HAARFARBEN UND PPD
In allen Permanenthaarfarben ist Paraphenylendiamin enthalten. Hier dient es dazu, eine größere Farbvielfalt zu erzielen, wenn es mit anderen Stoffen kombiniert wird. Die verwendete Menge (siehe unten) ist so gering, dass es bei Trägern der Haarfarbe selten zu einer Allergie kommt. Bei Frisören, die häufiger mit der Substanz in Hautkontakt kommen, kann jedoch auch der geringe Anteil in den Haarfarben genügen, um zu einer Sensibilisierung zu führen.
Während Frisöre jedoch „nur“ mit Ekzemen an den Händen kämpfen, und sich hier auch mit Handschuhen vor den Allergenen schützen können, ruft PPD bei deren Kunden „nicht selten schwere Ekzeme des Gesichts hervor“, wenn sie bereits zuvor durch ein Henna-Tattoo sensibilisiert worden sind [9,10]. Es kann nämlich sein, dass beim Erstkontakt mit der Substanz keine Hautreaktion eintritt, obwohl schon eine Sensibilisierung stattfindet. Die Haut „vergisst“ das nicht. Das heißt, sobald die Haut erneut mit der Substanz in Kontakt kommt, bildet sich ein Ekzem. Besonders unangenehm und sogar sehr gefährlich kann das gerade bei Haarfarben sein. Deshalb findet man Warnhinweise auf den Produktpackungen der betreffenden Haarfarben [1].
Welche biochemischen Vorgänge bei der Sensibilisierung mit Paraphenylendiamin im Körper passieren, wenn diese Allergie ausgelöst wird, wird noch diskutiert. Die Parastellung, also das Gegenüberliegen der Aminogruppen am Benzenring, gilt jedoch als entscheidend für das hohe Sensibilisierungspotenzial (siehe Abbildung 1), da einige Verbindungen, die vergleichbar aufgebaut sind, ähnliche Reaktionen hervorrufen. Ein Beispiel dafür ist Paratoluylendiamin, gegen das es bei einer Sensibilisierung gegen PPD häufig Kreuzallergien gibt [2].
VERBOTE
Sowohl in der EU als auch in den USA ist PPD heute nur als Zusatz in Haarfarben erlaubt, wobei es in der EU ein Konzentrationslimit von 2% gibt, in den USA keines. Verboten ist das Auftragen des Stoffes auf die Haut, wie auch auf Wimpern und Augenbrauen [5]. In den meisten Ländern gibt es jedoch keine Bestimmungen, die das Auftragen von Henna-Pasten durch Tattoo-Künstler regeln. Das erschwert auch die Kontrolle des Vertriebs von Henna-Tattoos auf Stränden und anderswo [5].
MASSNAHMEN
Die Auswirkungen im Zusammenhang mit der Verwendung von PPD sind unbedingt ernstzunehmen. Sowohl durch Haarfarben als auch durch Henna-Tattoos bedingt gibt es immer mehr Sensibilisierungen. Das ist vor allem auf die mangelnde Information der Anwender zurückzuführen. Deshalb ist es wichtig, deren Bewusstsein durch verschiedene Maßnahmen, wie zum Beispiel Information durch die Medien oder Aufklärungsbroschüren bei Ärzten und in Schulen, zu stärken. Auch dieser Artikel soll ein Beitrag dazu sein.
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[1] Beyer W. (1984). Lehrbuch der organischen Chemie. 20. Auflage. Stuttgart: S. Hirzel Verlag, S.553-555. [2] Brans R., u.a. (2009). Sensibilisierung auf p-Phenylendiamin. Einfluss von Metabolisierung und individuellen Risikofaktoren. In: Der Hautarzt, Nr. 60. Springer Verlag. S 26-31. [3] Merck GmbH. (2013). Sicherheitsdatenblatt. [4] Bundesinstitut für Risikobewertung. (2007). Gesundheitsgefahren durch Tätowierungen und Permanent Make-up. [5] De Groot A. C. (2013). Side-effects of henna and semi-permanent „black henna“ tattoos: a full review. In: Contact Dermatits, Nr. 69. Wiley-Blackwell- Verlag. S. 1-25. [6] Hausen B., u.a., (2001). Henna/p-Phenylendiamin-Kontaktallergie. In: Deutsches Ärzteblatt, Nr. 98. Deutscher Ärzte-Verlag. S. A 1822-1825. [7] Shavit I., u.a. (2008). Delayed hypersensitivity reaction from black henna. In: The American Journal of Emergency Medicine, Nr. 26, S. 515.e3–515.e4. [8] Interessensgemeinschaft Allergenvermeidung. Gesundheitsministerium warnt vor Allergien durch Henna-Tattoos. http://www.allergenvermeidung. org/index.php?newsthema_gesundheitsministerium-warnt-vor-allergien-durch-henna-tattoo. [2. 12. 2014]. [9] Clausen T. (2009). Die Chemie der Haarfarben. http://www.bfr.bund.de/cm/343/die_chemie_der_haarfarben.pdf [17.01.2015] [10] Kern S. (2014). Henna: Unbedenklich oder schädlich? http://www.apotheken-umschau.de/Haut/Henna-Unbedenklich-oderschaedlich-338899.html. [13.01.2015]. [11] Scherkenbeck J. (2007). Kantonsschule Trogen. http://fachschaften.kst.ch/chemie/