Akademisches Gymnasium, Graz
Sie scheinen von einer anderen Welt zu stammen, denn sie können mit Umweltbedingungen zurechtkommen, die es auf der Erde gar nicht gibt. Hinter dem putzigen deutschen Trivialnamen „Bärtierchen“ verstecken sich wahre „Überdrüberlebenskünstler“!
Das Bärtierchen wird zunehmend prominenter. Seit einigen Jahren schreiben immer mehr Zeitungen über diese nur millimetergroßen Tiere. Vielleicht liegt das daran, dass es derzeit beständig heißer auf der Erde wird und Bärtierchen extrem hohe Temperaturen aushalten können. Zudem kann man sie in jeder Wasserlache unserer Gärten antreffen. Dennoch waren diese bemerkenswerten Tiere noch vor kurzer Zeit nur wenigen bekannt! Dabei scheinen diese kleinen Bären alle Superkräfte der Science-fiction-Helden zu haben, die uns während unserer Kindheitstage faszinierten: Sie überleben bei tiefsten Minusgraden jahrelang und trotzen nicht nur UV-Strahlen, sondern würden auch den atomaren Super-Gau überstehen. Da ist es nicht verwunderlich, dass Bärtierchen schon seit etwa einer halben Milliarde Jahren auf der Erde vorkommen, wie das Fossilfunde belegen. Tardigrada (also „Langsamschreiter“) wurden jedoch erst im 18.Jahrhundert von einem Quedlinburger Pastor entdeckt.
Im Jahr 2007 wollte ein Stuttgarter Wissenschaftlerteam die Belastbarkeit dieser kleinen Tiere genauer kennen lernen. Um die Mechanismen zu entschlüsseln, die hinter den beachtlichen Fähigkeiten dieser kleinen Tiere stecken, schickten Wissenschaftler vier Bärtierchenarten mit einer Rakete in das Weltall. Diese umkreiste mit ihren Insassen, die neben den tiefen Temperaturen hohe Strahlung und Vakuum aushalten mussten, 189 Mal die Erde und kehrte nach zwölf Tagen im All zur Erde zurück. Um die harschen Bedingungen zu überstehen, hatten sich die kleinen Forschungssubjekte in einen tönnchenförmigen Ruhezustand begeben. Aber hatten sie überlebt? Die Forscher legten sie ins Wasser, und siehe da: Die Bärtierchen wurden wieder quicklebendig und mobil.
MEINE EIGENEN ERFAHRUNGEN MIT BÄRTIERCHEN
Da ich in der 3. Klasse keinen Biologieunterricht hatte, mich für das Fach aber sehr interessierte, besuchte ich einen Projektunterricht. Ich wählte das Thema „Die Mikrowelt im Süßwasser“. Mit einem Planktonnetz fischte ich Kleinstlebewesen aus Teichen und Bächen und untersuchte sie mit meinem Mikroskop. Mit einem speziellen Fotoapparat-Aufsatz konnte ich das Leben im Wassertropfen fotografieren. Das machte das Bestimmen leichter und die Präsentation der Arbeit spannender. Im darauffolgenden Jahr drehte ich einen kleinen Planktonfilm. Dadurch konnte ich nicht nur die verschiedenen Formen und Gestalten der Tierchen zeigen, sondern auch, wie sie sich fortbewegen. In den Wintermonaten verlangsamte sich meine Arbeit natürlich, weil ich weniger oder gar kein Plankton fand
EINFACH UNGLAUBLICH!
Da gab mir meine Biologielehrerin einen Artikel über Bärtierchen
. Und ich las begeistert: Bärtierchen sind achtbeinige, meist kleiner als ein Millimeter große Tiere, die man meistens zu den Gliederfüßern (Arthropoden) zählt. Sie haben zum Beispiel an jedem „Stummelfuß“ zwei Krallen, die zum Festhalten und Fortbewegen dienen. Sie sind fast auf der ganzen Welt zuhause und leben in den Porenhohlräumen der Sandstrände, aber auch in Moospölsterchen, Dachrinnen, Wasserlachen und Teichen. Unter dem Mikroskop sehen sie aus wie ein kleiner Bär (eigentlich eher wie ein Gummibärli!). Doch noch faszinierender als ihr Aussehen ist ihre Kunstfertigkeit, sich ihrer Umwelt anzupassen. Wird es ihnen zu kalt, zu trocken oder zu heiß, lassen sie ihren Stoffwechsel eine Pause einlegen. Dann „kapseln“ sie sich in sogenannte Tönnchen ein. Dadurch können sie jahrelang ohne einen Tropfen Wasser ausharren. In diesem Zustand trotzen sie unvorstellbaren Temperaturen von 125 Grad Celsius und minus 272 Grad. Dabei sinkt der Wassergehalt im Körper des Bärtierchens bis auf wenige Prozent. Der Stoffwechsel des Bären ist somit lahmgelegt.
Doch auch nach extremen Drucken von 6000 bar, Vakuum, Röntgen-, und UV-Strahlen brauchen die Bärtierchen-Tönnchen nicht mehr als einen Wassertropfen, um unter dem Mikroskop wieder tapsig nach Nahrungssuche zu gehen! All diese Eigenschaften haben mich zutiefst beeindruckt und mein Ehrgeiz wurde geweckt, einen solch kleinen Überlebenskünstler unter meinem Mikroskop zu filmen. Oft wird das Auffinden von Bärtierchen als sehr leicht dargestellt. Dem ist nicht so! Ich musste lange suchen, Moose ausquetschen, Dachrinnen durchstöbern. Doch erst kurz nach Weihnachten hatte ich Erfolg! Ich machte Fotos, Filme und Zeichnungen. Nach meinem ersten Bärtierchenfund folgten ständig weitere. Die meisten dieser Tiere fand ich in einem kleinen, am Waldrand gelegenen Teich. Ich tellte immer mehr Kurzfilme her und schnitt sie dann zu einem eigenen Film zusammen, der nur den Bärtierchen gewidmet ist. Ja, es sind wirklich beeindruckende Tiere!
Abbildungen/Film: Autorin