BG/BRG Kirchengasse, Graz
Wegen seiner ungewöhnlichen Fähigkeiten war der Chamäleon-Oktopus lange unbekannt, erst 1998 wurde Thaumoctopus mimicus zufällig entdeckt. Denn er hat ein unglaubliches Talent als Verwandlungskünstler und hält sich in Gegenden auf, in die nur selten ein Taucher gelangt.
Der Chamäleonoktopus wurde 1998 entlang der Küste von Sulawesi (Indonesien) gefunden. Neun verschiedene Exemplare wurden dort zwei Jahre lang von Wissenschaftlern gefi lmt und studiert. Man nahm zunächst an, dass er ausschließlich in diesen Gewässern lebt, doch das wurde mit einem Fund 2010 am Great Barrier Reef widerlegt (Norman u.a. 2001). Thaumoctopus mimicus hat wie alle Oktopusse acht Tentakel, zwei Augen und zwei mit Membranen bedeckte Löcher, die als Ohren dienen. Er kann im Notfall Tinte spritzen und dann flüchten, und er teilt mit seinen Artgenossen eine nur kurze Lebensdauer. Er wird bis zu 60 cm lang und ist eigentlich braun-weiß gestreift oder gepunktet, wenn er nicht gerade ein anderes Tier imitiert. Oftmals wird er deswegen mit dem ebenfalls erst kürzlich entdeckten ‚Wunderpus photogenicus‘ verwechselt.
Allerdings hat er im Gegensatz zu diesem und auch anderen Oktopussen Saugnäpfe, die bei beiden Geschlechtern gleich groß sind (http://news.nationalgeographic.com/news/2001/09/0920_octopusmimic.html). Thaumoctopus mimicus lebt in tropischen Gewässern, vor allem dort, wo Flüsse ins Meer münden und der Boden sehr schlammig und kahl ist. Solche Stelle besuchen Taucher nur selten, daher blieb er so lange unentdeckt. Wissenschaftler vermuten, dass er von Oktopussen, die am Korallenriff leben, abstammt, da diese ebenfalls tagaktiv sind. Möglicherweise zogen einige von ihnen in die kahlere Gegend, weil es dort weniger Konkurrenz und somit mehr Futter gibt. Da es aber auch weniger Versteckmöglichkeiten gibt, sind sie auf eine spezielle Tarnung angewiesen
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Daraus resultierte die besonders ausgeprägte Mimikry (http://news.nationalgeographic.com/news/2001/09/0920_octopusmimic.html). Denn grundsätzlich sind alle Oktopusse in der Lage, andere Tiere zu imitieren oder sich ‚Tricks‘ von ihnen abzuschauen. Allerdings ist Thaumoctopus mimicus der einzige bekannte Oktopus, der eine Vielzahl anderer Tiere nachahmen kann. Er beherrscht über 15 verschiedene dokumentierte Imitationen, sogenannte Mimics, unter anderem Seeschlangen, Krabben, Quallen oder Feuerfische. Diese Mimikry erzielt er durch Veränderungen seiner Farbe und seiner Form (http://epiccreature.blogspot.co.at/2011/09/mimic-octopus-thaumoctopus-mimicus.html). Einige Tierarten kann er sogar imitieren, ohne sie jemals gesehen zu haben. Bisher ist unbekannt ist, woher er weiß, wie diese Tiere aussehen.
Es gibt Theorien, dass es ihm entweder von Artgenossen gezeigt wird oder dass er ein genetisches Gedächtnis hat, in dem diese Informationen abgespeichert sind. Der Vorteil an so vielen verschiedenen Mimics ist, dass es unwahrscheinlicher ist, dass ein Feind ihn als Oktopus erkennt und angreift. Außerdem geben diese vielen Mimics dem Thaumoctopus mimicus mehr Möglichkeiten, auf einen Feind zu reagieren. Je nach Umgebung und Angreifer wird er eine passende Abschreckung wählen. Das beste Beispiel hierfür ist seine Reaktion auf den Angriff eines Rabenfisches, wobei sich Thaumoctopus mimicus scheinbar in einen Nattern-Plattschwanz (eine Seeschlange) verwandelt, den natürlichen Feind des Rabenfisches. Dazu vergräbt er seinen Körper bis auf zwei Tentakel im Sand, und ändert seine Farbe zu schwarz-weiß gestreift. So gelingt es ihm, den Rabenfisch in die Flucht zu schlagen (http://news.
nationalgeographic.com/news/2001/09/0920_octopusmimic.html).
Doch die Mimikry dient nicht nur zur Abschreckung von Feinden. Thaumoctopus mimicus verwendet sie auch zum Anlocken seiner Nahrung. Er ernährt sich von kleineren Tieren wie Krabben, Würmern und Fischen, und er selber wird normalerweise nur von Tiefsee-Fleischfressern wie Haien angegriffen. Vor allem zur Jagd auf Krabben hat der Chamäleon-Oktopus eine sehr ausgeklügelte Taktik, um trotz der Scheren und der harten Schale der Krabben an seine Mahlzeit zu kommen. Wieder vergräbt er einen Teil seines Körpers im weichen Untergrund, während er mit dem Rest eine paarungsbereite Krabbe imitiert. Wenn dann eine richtige Krabbe kommt, um sich zu paaren, hat er ein leichtes Spiel mit ihr, da sie nicht mit einem Angriff rechnet und erst zu spät versucht sich zu retten (Norman u.a. 2001). Bisher wurde solch ein Verhalten nur in freier Wildbahn beobachtet, da es sehr wenige Exemplare von Thaumoctopus mimicus in Gefangenschaft gibt, und diese sich nicht ganz so wie ihre Artgenossen in der Natur verhalten (http://www.scinexx.de/dossier-detail-125-8.html). Noch ist wenig über dieses faszinierende Tier bekannt, doch dies wird sich hoffentlich in den nächsten Jahren ändern.
Klassifizierung
Stamm: Weichtiere (Mollusca)
Klasse: Kopffüßler
Ordnung: Kraken
Familie: Echte Kraken
Gattung: Thaumoctopus
Art: Thaumoctopus mimicus
Abbildungen: Mark Norman, Museum Victoria, Melbourne
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Quellen • Norman, MD, Finn, J, & Tregenza, T. (2001) Dynamic mimicry in an Indo-Malayan octopus. Proc. R. Soc. Lond. B 268, 1755-1758 (http://marinebio.org/upload/files/mimic.pdf) • http://news.nationalgeographic.com/news/2001/09/0920_octopusmimic.html [19.5.2014] • http://epiccreature.blogspot.co.at/2011/09/mimic-octopus-thaumoctopus-mimicus.html [19.5.2014] • http://www.scinexx.de/dossier-detail-125-8.html [19.5.2014] • http://www.aquamarin.com.sg/blog/?p=2196 [19.5.2014] • Norman, MD & Hochberg, FG. (2005) The „Mimic Octopus“ (Thaumoctopus mimicus n. gen. et sp.), a new octopus from the tropical Indo-West Pacific (Cephalopoda:Octopodidae). Molluscan Research 25(2):57-70 (http://www.mapress.com/mr/content/v25/2005f/n2p070.htm) [19.5.2014] • http://en.wikipedia.org/wiki/Mimic_octopus