BG Dreihackengasse, Graz
Spaß, Abenteuer und Herausforderung –eine Woche lang durfte unsere Klasse die Schulbänke gegen die Adria, die Schultaschen gegen Schnorchel tauschen. In der Meeresschule Pula erkundeten wir die faszinierende Unterwasserwelt der kroatischen Küste.
Pula ist eine kleine Stadt an der Küste der Adria. Dieser Teil des Mittelmeeres bietet eine große Artenvielfalt an Tieren und Pflanzen. Zudem ist die Nordadria flach, salzarm und im Winter sehr kalt. Der Temperaturwechsel zwischen den Jahreszeiten sorgt durch auf- und absteigende Wassermassen für eine starke Durchmischung des Meeres bis in größte Tiefen. Die dabei aufgewirbelten Nährstoffe gelangen auch in seichtere Meeresbereiche und erlauben dort das Wachsen ausgedehnter Algenwälder und Seegraswiesen. Deren Bewohner sind ganz an diese Umgebung angepasst und für den Laien nicht leicht zu entdecken. Denn die meisten Tiere sind lediglich einige Zentimeter oder gar nur Millimeter groß. An besonders tiefen Steilhängen erinnert die Adria an tropische Szenarien. Hier ist das Licht zu gering für starken Pflanzenbewuchs. Dafür findet man Gorgonien (biegsame Hornkorallen), Moostierchen und bunte Schwämme.
DAS LEBEN IN DEN GROTTEN
Unsere Aufgabe war es, die Tier- und Pflanzenwelt in drei Grotten zu untersuchen.Dafür mussten wir diese zunächst vermessen. Das war gar nicht so einfach, denn trotz der Unterwasserlampen ist es dort ziemlich finster. Es kostete einige Überwindung, mit angehaltenem Atem in das Dämmerlicht abzutauchen. Auch die Strömungen und der Wellengang erschwerten das Verlegen der Maßleinen. Ständig mussten wir darauf achten, uns nicht an den schroffen Felsen zu verletzen. Und natürlich wollten wir die Lebenswelt in den Grotten so wenig wie möglich stören.
Nun hieß es abzuschätzen, wie stark und durch welche sessilen Lebewesen die Grotten besiedelt waren. Dies dokumentierten wir auf Unterwasserschreibtafeln
. An Tieren entdeckten wir den orange-farbenen Strahlenschwamm, den weißen und den braunen Nierenschwamm, die gelbe Krustenanemone und Bäumchenpolypen. Bei den Pflanzen fanden wir vor allem Rotalgen
. Im düsteren Höhlenhintergrund findet man mehr festgewachsene Tiere. Sie ernähren sich als sogenannte Suspensionsfresser von kleinsten Schwebepartikeln. Dazu benutzen sie verschiedenste Techniken, um angeschwemmte Nahrungsteilchen aufzunehmen. Passive Suspensionsfresser, beispielsweise Hydroiden und Korallen, halten ihre Sammelapparate einfach in das Wasser. Sie leben vor allem im vorderen Bereich der Grotten, da hier die Wasserbewegung stärker ist.
Aktive Suspensionsfresser wie Seepocken hingegen bewegen ihre Fangvorrichtungen selbst oder saugen Wasser an (Schwämme und Seescheiden). Sie sind eher im Höhlenhintergrund zu finden, wo die Wasserdurchmischung geringer ist. Drei besonders schöne Bewohner der Grotten sind die Bäumchenpolypen, die Nierenschwämme und die Kalkrotalgen. Bäumchenpolypen der Gattung Eudendrium sind sessile Nesseltiere. Sie bilden wenige Zentimeter hohe, buschartig verzweigte Stöckchen, an deren Enden circa zwei Millimeter kleinen Polypen sitzen. Diese haben einen Kranz von Tentakeln, an denen Nahrungspartikeln hängen bleiben, die dann über die Mundöffnung aufgenommen und im Hohlraum des Polypen verdaut werden. Diese Tiere sind darauf angewiesen, dass das Wasser die Nahrung bringt. Die dichtesten Ansammlungen fanden wir daher im Eingangsbereich der Höhlen, aber niemals am Boden, sondern nur an den Wänden. Wir nehmen an, dass diese Tiere sehr stark bewegtes Wasser benötigen, aber wegen ihres fragilen Aufbaus die Böden meiden.
Denn dort könnten sie durch absinkendes Material beschädigt werden. Im Gegensatz zu den filigranen Bäumchenpolypen sind Nierenschwämme (Chondrosia reniformis) massig gebaut und recht robust. Sie kommen überall in den Höhlen vor und können sogar das Licht indirekt für sich nutzen. Denn sie lagern endosymbiontische Cyanobakterien in ihre äußeren Schichten ein. Belichtete Stellen von Nierenschwämmen sehen dadurch braun aus. Ihre schleimige Oberfläche verhindert den Bewuchs durch Pflanzen oder andere sessile Tiere. In den dunklen Bereichen der Höhle verlieren die Nierenschwämme ihre einzelligen Symbionten und werden dann ganz bleich. Durch die robuste Bauweise wachsen sie manchmal auch am Höhlenboden. Krustenförmige Kalkrotalgen (Corallinales) sind jene Meeresalgen, die am wenigsten Licht zum Wachstum benötigen. Deswegen sind das die letzten Pflanzen, die wir noch finden können, wenn wir uns in eine Grotte oder Höhle hinein begeben. Sie wachsen oft nur wenige Millimeter im Jahr. Um nicht zur leichten Beute von unterseeischen Weidegängern zu werden, lagern sie Kalk in ihre Zellwände ein und bilden so steinharte Krusten, die den felsigen Untergrund überziehen.
All das erarbeiteten wir in wenigen Tagen bei großartigen Ausflügen, aufregenden Tauchgängen und aufschlussreichen Vorträgen. Ein Besuch der Meeresschule Pula lohnt sich! Und wenn man nicht schnorcheln kann? Keine Sorge, das lernt man schnell im glasklaren Wasser der Adria.
Weitere Informationen zur Meeresschule in Pula: http://www.meeresschule.com
Abbildungen: Gerwin Gretschel
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