Akademisches Gymnasium Graz
Photosynthese. Diesen Begriff verbindet man doch mit Pflanzen? Doch dann gelang amerikanischen Forschern eine höchst interessante Entdeckung: Sie fanden eine grüne, im Meer lebende Schnecke, die sich mithilfe von Sonnenlicht ernähren kann: Elysia chlorotica.
Sie gehört zu den Sacoglossa, den Sackzünglern, und lebt hauptsächlich an der nördlichen Ostküste von Amerika. Die Schnecke kann bis zu vier Zentimeter groß werden. Man geht davon aus, dass sie sich mit chemischen Stoffen gegen Feinde schützt, da sich ihr Gehäuse vollständig zurückgebildet hat. Stattdessen besitzt sie flügelförmige, gewellte Fußlappen, sogenannte Parapodien, deren Ränder in der Mitte verwachsen sind. Teile der Verdauungsdrüse und der Geschlechtsorgane reichen bis in die Parapodien hinein. Auf dem Kopf von Elysia befindet sich im Gegensatz zu anderen Schnecken nur ein einziges Paar Tentakel. Diese enthalten Chemorezeptoren zum Aufspüren von Signalstoffen.
Elysia chlorotica ist ein Zwittertier und enthält daher sowohl weibliche als auch männliche Geschlechtsorgane
. Die Begattung erfolgt überkreuzt, das heißt, dass sich zwei Tiere umschlingen und eigene Spermien an den Partner abgeben und die des anderen aufnehmen. Nach der Befruchtung werden die Eizellen in langen Fäden im Wasser abgelegt.
EINE EINZIGARTIGE SCHNECKE
Wie kommt es, dass diese Schnecke Photosynthese betreiben kann? Elysia ernährt sich überwiegend von der grüngelben Alge Vaucheria litorea, die sie ansticht und aussaugt. Größtenteils wird die Alge von der Schnecke verdaut, nur die Chloroplasten werden unversehrt aufgenommen und in den Darmzellen gespeichert. Deswegen werden die Schnecken mit zunehmendem Alter intensiv grün. Jungtiere haben dagegen noch eine braune Färbung mit dunkelroten Tupfen. Die Meeresschnecke Elysia chlorotica ist also keine Pflanze, kann aber trotzdem Photosynthese betreiben.
Plastiden können allerdings ohne zusätzliche, in ihren Wirtszellen hergestellte Proteine nicht funktionieren. Bei Pflanzen befindet sich die genetische Information dafür in den Zellkernen. Vor kurzem erst entdeckte Mary Rumpho-Kennedy von der Universität Maine, dass mindestens eines der notwendigen Algengene auch im Genom der Schnecke zu finden ist. Wie die Gene dort hingelangten, ist noch nicht klar. Wissenschaftler vermuten aber, dass Viren diese Erbmerkmale übertragen haben. Möglicherweise gibt es weitere auf ähnliche Weise in die Schnecken-DNS eingebaute Algengene, die verhindern, dass die aufgenommenen Chloroplasten abgebaut werden.
WIE BIN ICH AUF ELYSIA CHLOROTICA GESTOSSEN?
Meine Biologielehrerin erzählte während eines Kurses von dieser faszinierenden Schnecke. Mich interessierte dieses Tier sofort, und ich wollte mehr darüber erfahren. Schließlich fand ich heraus, dass es in Amerika an der Universität Maine eine Arbeitsgruppe gibt, die seit Jahren an Elysia chlorotica forscht. Es gelang mir, telefonisch mit der Leiterin der Forschungsgruppe, Frau Mary Rumpho-Kennedy, zu sprechen. Ich war sehr beeindruckt davon, wie bereitwillig sie mir zu ihren Arbeiten Auskunft gab. Gerne hätte ich die Meeresschnecke in einem eigenen Aquarium studiert. Doch zu meinem Bedauern kann man sie nicht erwerben, weil sie in der Wildnis rar und möglicherweise sogar vom Aussterben bedroht ist. Allerdings versuchen Frau Rumpho-Kennedy und ihre Kollegen, Elysia chlorotica im Labor zu züchten.
Abbildungen: Mary Rumpho-Kennedy
weiterführende Literatur:
- Mary E. Rumpho u.a. (2000). Solar-Powered Sea Slugs. Mollusc/Algal Chloroplast Symbiosis. Plant Physiology, 123, 29-38. http://www.plantphysiol.org/content/123/1/29.full.pdf+html [26.2.2015]