BG/BRG Lilienfeld
Der Mars scheint dafür prädestiniert zu sein, dass man auf ihm extraterrestrisches Leben entdeckt. Er ist der erdähnlichste Planet, nur wenig kälter und trockener und mit sehr ähnlicher Vergangenheit. Es könnte sogar Wasser auf ihm fließen. Für die Existenz von Leben ist das eine notwendige Voraussetzung.
In vergangenen Raumsondenmissionen entdeckte man an mehreren Stellen der Marsoberfläche ausgetrocknete Wasserläufe, die klare Hinweise dafür sind, dass auf dem Mars vor langer Zeit reißende Ströme existierten. Man erkennt deutlich Flussschlingen, Mäander, Uferböschungen, Strömungsinseln in Fließrichtung und Sandbänke in der Mitte der einstigen Ströme. Vielleicht herrschten hier vor langer Zeit lebensfreundlichere Verhältnisse, ähnliche Bedingungen wie heute auf der Erde, vielleicht hat es in der Vergangenheit des Planeten irgendwo primitives Leben gegeben, dessen Spuren man noch heute findet könnte.
So kennt man seit wenigen Jahren unterirdische Höhlensysteme, die stabile Umweltbedingungen bieten. Sie schützen vor der gefährlichen kosmischen Strahlung, weisen möglicherweise eine hohe Feuchtigkeit auf und die Temperaturschwankungen in ihnen sind sehr gering. Sollte es auf dem Mars jemals Leben gegeben haben, dann wären diese Höhlen ein optimales Rückzugsgebiet für Mikroben.
EINE INDISCHE PRINZESSIN IN DER EISHÖHLE
Die Dachstein-Rieseneis- und Mammuthöhlen sind ein ideales Testgelände zur Vorbereitung einer Marsmission. Hier lässt sich studieren und simulieren, was in einigen Jahren auf dem Mars erforscht werden soll. Das Österreichische Weltraum Forum, ein Netzwerk für Raumfahrtspezialisten und Weltrauminteressierte, führte daher in diesen Höhlen zusammen mit internationalen Forschungspartnern fünf Tage lang Feldtests durch, um in naher Zukunft für eine bemannte Mission zum Mars gerüstet und bestens vorbereitet zu sein. Den Starttag durften wir, eine ausgewählte SchülerInnengruppe des BG/BRG Lilienfeld, live miterleben. Wir sahen verschiedene Marsrover, erlebten ForscherInnen unterschiedlichster Nationalität, durften Interviews führen und sahen den Star der Mission: Aouda.X, einen Raumanzugssimulator.
„EIN STÜCK DES WEGES ZUM MARS WIRD ROT-WEISS-ROT GEPFLASTERT SEIN.“ (Dr. Gernot Grömer in der ORF-Sendung „Frühlingszeit“ am 30. 04. 2012)
Seinen Namen verdankt dieser Anzug einer Figur aus dem Roman „Reise um die Erde in 80 Tagen“ von Jules Verne. Die Hauptfigur des Romans, Phileas Fogg, rettet auf seiner Reise um die Welt zusammen mit seinem Diener Passepartout eine indische Prinzessin: Aouda. Dr. Gernot Grömer, Projektleiter und Mitarbeiter der Universität Innsbruck, erklärt: „Wie der Raumanzug ist sie heikel, delikat und wunderschön. Man muss sie ganz vorsichtig anfassen und manchmal ist sie auch ein bisschen zickig.“ Dieser Anzug, der größtenteils in Österreich hergestellt wurde, soll es ermöglichen, Arbeitsbedingungen zu simulieren, mit denen ein Astronaut auf dem Mars konfrontiert wäre. Aouda.X wiegt 45 kg, besteht aus einem Panox/Kevlar -Gewebe, das mit Aluminium beschichtet ist, und hat Expander eingebaut, die jede Bewegung erschweren, so wie es bei normalen Raumanzügen der Fall ist. In diesem Anzug werden die Bedingungen simuliert, unter denen Astronauten auf dem Mars arbeiten müssten. Sie sollen auf der Erde darin trainieren und ein Gefühl für alle Einschränkungen bekommen, die sie haben werden, wenn sie in einem normalen Astronautenanzug unterwegs sind.
Die „Simulationsastronauten“ mussten sich vor den Feldtests im Dachstein erst einem medizinischen Eignungstest unterziehen. Zwar können physiologische Parameter wie die Herzfrequenz, die Kohlendioxidausatmung, Temperatur und Herzrhythmus gemessen werden, die Belastbarkeit bei Hunger, Durst oder unter Schmerzen und Unbehagen muss jedoch jeder Astronaut selbst herausfinden. Die Tester mussten außerdem lernen, die im Anzug eingebaute Spracheingabe zu steuern. Da im Anzug neben den Sensoren und Computern ein Lüfter und ein Heizer eingebaut sind, entsteht ein beträchtlicher Lärm.
Daniel Schildhammer ist einer der vier Anzugtester des ÖWF. Er beschreibt das Problem so: „Eine Lautstärke von etwa 100 dB macht es sehr schwierig, die Stimme herauszufiltern. Die Spracherkennung muss verlässlich funktionieren, selbst wenn der Astronaut verkühlt ist und sich seine Stimme dadurch etwas verändert oder wenn er in einer Stresssituation ist und sein Puls extrem ansteigt“.
DREI ROVER, EIN ZIEL – DEN MARS ERKUNDEN
Viele Handlungen müssen damit auch unter möglichst realen Bedingungen geübt werden. Das Entnehmen von Bodenproben, Bioexperimente oder das Steuern eines Rovers sind mit den Anzughandschuhen sehr viel schwieriger durchzuführen als mit der bloßen Hand. Gearbeitet wird mit drei Rovern: Einer davon, Magma White von der polnischen Mars Society, arbeitet mit einem Georadarsystem, das es erstmals ermöglicht, etwa 3 Meter in den Marsuntergrund hineinzublicken. Dieser Marsrover wird in ein paar Jahren auf einer echten Mission zum Mars fliegen. Zwei kleine Antennen an der Rückseite von Magma White werden die Bodenschichten mit Radarpulsen von 500 MHz bis 3 GHz (Mikrowellenbereich) auf Risse, eingelagertes Gestein und Eis untersuchen. Bisherige Rover konnten nur die Marsoberfläche sondieren und Bodenproben entnehmen
. Cliffbot, ein Rover der französischen Mars Society, hat ganz andere Aufgaben. Es handelt sich um ein Gefährt, das an einem Seil angehängt wird und mit einer Winde über Klippen herabgelassen werden kann. Mit einer Kamera ausgestattet, kann er Bilder von der Oberfläche eines Hanges liefern. So gewinnt man Informationen über Schichten, die von Millionen von Jahren an geologischer, meteorologischer und eventuell biologischer Aktivität berichten. Dr. Grömer: „Jeder Rover hat seine eigene Bedeutung. In Kombination sind sie eine kleine, bescheidene, aber sehr effiziente Flotte zur Erkundung des Mars.“
MARSVERSCHMUTZUNG VERMEIDEN
Nicht zuletzt ist es wichtig, ausschließen zu können, dass eventuell auf dem Mars gefundene Mikroben nicht als blinde Passagiere von irdischen Besuchern mitgebracht wurden. So testete man am Dachstein, auf welchem Wege und wie häufig irdische Bakterien auf entnommene Proben übertragen werden. Der Test bestand darin, dass Teile von Aouda.X mit fluoreszierenden Terbium-Mikrokügelchen versehen wurden und anschließend eine Probenentnahme aus der Umgebung erfolgte. Die Proben wurden dann auf Verunreinigung mit den Mikrokügelchen untersucht – die Ergebnisse stehen allerdings noch aus.
Für uns war es äußerst beeindruckend und spannend, hier am Dachstein die ersten Gehversuche für den Aufbruch in fremde Welten mitzuerleben und ForscherInnen aus verschiedensten Teilen der Welt kennenzulernen.
Abbildungen: OEWF (Katja Zanella-Kux)
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QUELLEN 1. Lorenzen, H.D. (2004). Mission: Mars: die sensationellen Entdeckungen der neuen Raumsonden. Stuttgart:Franckh-Kosmos Verlag. Kasten, V. (2002). 2. Kasten, V. (2002). Von der Erde zu den Planeten: Das Sonensystem. Heidelberg/Berlin: Spektrum Akademischer Verlag. Rauchhaupt, U. (2010). Der neunte Kontinent – Die wissenschaftliche Eroberung des Mars. Frankfurt am Main: S. Fischerverlag. Pressemappe des öwf: http://mission.oewf.org/press/ [27. 05. 2012]