Akademisches Gymnasium, Graz
Die Anfänge dieses noch wenig bekannten aber hoch aktuellen Forschungsbereichs der Physik reichen bis ins 19. Jahrhundert zurück. Einer Anekdote zufolge waren die beiden Wissenschaftler Alexander Graham Bell und Charles Sumner Tainter gerade dabei, den Prototypen des Photophons zu entwerfen, als sie zufällig über den photoakustischen Effekt stolperten.
Ob es wirklich Zufall war, ist bis heute nicht geklärt, fest steht aber, dass sie damit die Tür zu einem der faszinierendsten Gebiete der Physik, der Photoakustik, geöffnet haben. Dem photoakustischen Effekt liegt eigentlich ein einfaches Prinzip zu Grunde: Trifft ein Laserstrahl auf eine Probe, wird er dort je nach Gewebeart absorbiert und gestreut. Dabei baut sich im bestrahlten Objekt ein Überdruck auf, der in Form einer Schallwelle relaxiert. So wird die elektromagnetische Welle (Licht) in ein akustisches Signal (Schallwelle) umgewandelt.
Heute wird dieser Effekt bereits im Alltag angewendet, wie zum Beispiel in der Abgasmesstechnik zum Bestimmen des Rußgehalts der Abgasluft: Trifft ein Laserstrahl auf Rußpartikel oder andere Verunreinigungen, so wird er absorbiert und es kommt zu einer Erwärmung. Druck baut sich auf, eine Schallwelle entsteht und ein hochsensibles Mikrofon misst die Stärke des Signals und somit den Grad der Luftverunreinigung im Abgas. Saubere, partikelfreie Luft produziert kein Signal.
PHOTOAKUSTIK IN DER KREBSDIAGNOSTIK
Besonders viel Potential liegt in der Kombination der photoakustischen Bildgebung mit der Medizintechnik. Ziel ist es dort, dieses neue Bildgebungsverfahren als Ergänzung zur herkömmlichen Ultraschalldiagnostik einzusetzen. Einer der größten Vorteile der photoakustischen Tomografie, kurz PAT, liegt in der Art der Bestrahlung des Gewebes: Sie kommt gänzlich ohne ionisierende Strahlung aus, und die Strahlungsdosis ist wesentlich geringer als bei herkömmlicher Röntgenstrahlung
. Die bei der PAT verwendeten Laserstrahlen sind nur kurze Laserpulse (weniger als zehn Mal pro Sekunde) im nahen infraroten Spektralbereich. Auch der Überdruck, der sich kurzzeitig punktuell im Gewebe aufbaut, ist ungefährlich, da es sich hierbei um geringe Energiemengen handelt.
Durch die Kombination von Optik und Akustik besitzt das photoakustische Bildgebungsverfahren zwei weitere große Vorteile: einerseits einen hohen Kontrast, da verschiedene Gewebetypen ein stark unterschiedlich absorbierendes Verhalten aufweisen, andererseits eine hohe Auflösung des Signals. Im Gegensatz zu der bekannten Ultraschalltechnik, bei der nur „Echos“ an den Grenzflächen der Organe entstehen, erzeugt das Gewebe bei der photoakustischen Tomographie selbst Schallwellen und kann somit detailliertere Informationen zu seiner Beschaffenheit liefern. Diese je nach Gewebeart unterschiedliche Schallwelle ist mithilfe von feinsten Sensoren messbar. Minhua Xu und Lihong Wang von der Universität Texas schreiben: “Photoacoustic imaging has the potential to image animal or human organs, such as the breast and the brain, with simultaneously high contrast and high spatial resolution.” (Mithilfe der photoakustischen Tomografie ist es möglich, tierische oder menschliche Organe wie zum Beispiel Brust und Gehirn mit gleichzeitig hohem Kontrast und hohem räumlichen Auflösungsvermögen zu rekonstruieren.) Vor allem im Bereich der Mammografie (Brustkrebsdiagnostik) setzt sich die photoakustische Tomografie daher neue Ziele. Gewebeunregelmäßigkeiten wie Tumore könnten früher erkannt werden.
Zahlreiche Forschungsteams rund um den Globus forcieren die Recherchen und die Verfeinerung der photoakustischen Tomografie. Auch deshalb wird dem derzeit an der Karl-Franzens-Universität Graz laufenden Forschungsprojekt Photoacoustic Imaging (PAI) unter der Leitung des Experimentalphysikers Günther Paltauf besondere Bedeutung beigemessen. In Zusammenarbeit mit der Universität Wien, der Medizinischen Universität Innsbruck und dem Research Center for Non-Destructive Testing (RECEDENT) in Linz wird intensiv an einer Weiterentwicklung der Sensoren und an der Verarbeitung der Daten für die Bildrekonstruktion gearbeitet.
Im Rahmen meines vierwöchigen Praktikums an der Experimentalphysik der Karl-Franzens-Universität konnte ich einen guten Einblick in das PAI gewinnen und so die faszinierende Welt der Forschung näher kennen lernen. Meine Aufgabe bestand vor allem darin, Messphantome und –Proben für die photoakustischen Messungen herzustellen und zu untersuchen. Ich durfte bei einigen Experimenten mithelfen und baute sogar mein eigenes Streumessgerät, um die optischen Eigenschaften meiner Proben genauer bestimmen zu können.
Anna Melina Winkler schrieb über ihre praktischen Erfahrungen die Fachbereichsarbeit „Bestimmung optischer Eigenschaften von Messphantomen – Photoakustik als neue Perspektive in der Frühdiagnostik“, die 2012 mit dem 2. Platz des Dr. Hans Riegel Fachpreises für Physik ausgezeichnet wurde.
Abbildungen: Autorin
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- http://Xu, M. & Wang, L.V.(2006). Photoacoustic imaging in biomedicine. Review of scientific instruments 77: 041101; doi: 10.1063/1.2195024 (http://dx.doi.org/10.1063/1.2195024).
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